Projekt
Typografische Gestaltung eines Beitrags für ein Designmagazin
Designleistung
Typografie
Gestaltetes Medium
Beitragsseiten eines Magazins
Medienproduktion
DTP – Desktop Publishing (Satzherstellung)
Branche
Kultur- und Kreativwirtschaft
Auftraggeber
Designmagazin Ausdruck, Akademie U5, München
Jahr
1997
Project
Typographic design of an article for a design magazine
Design Service
Typography
Designed Medium
Magazine article pages
Media Production
DTP – Desktop Publishing (typesetting)
Industry
Culture and creative industries
Client
Designmagazin Ausdruck, Akademie U5, Munich
Year
1997
Kommentar
Von Dr. Zoi Kotitsa
Hinter der Gestaltung der Seite in der Designzeitschrift »Ausdruck« steckt die Absicht von Wolfgang Beinert mit Design zu provozieren und Inhalte neu zu definieren. Er benutzt dazu lediglich die Typographie und spielt mit der Assoziationskraft des Betrachters.

Sein Ausgangspunkt ist der Aphorismus »Seine Hand verkrampfte sich. Er hatte von Gegenständen gehört, die zum christlichen Glauben übertreten konnten«. Und er visualisiert ihn mittels der Typographie. Er gibt den größten Teil des Textes mit kleinen Versalien in der Schrift Syntax normal wieder, die 1968 von Hans Eduard Meyer entworfen wurde. Beinert empfindet diese geradlinige, klare Schrift als rationell, »atheistisch« und setzt sie somit dem mystischen Inhalt des Aphorismus entgegen.
Dieser Widerspruch wird zum Sarkasmus durch die Verwendung einer zweiten Schrift für den Teil »- treten« aus dem vorletzten Wort des Aphorismus »übertreten«. Diese christlich anmutende Schrift heißt Mason Serif normal, wurde um 1992 von Jonathan Barnbrook entworfen und nach einem Massenmörder in den USA benannt. Aus dieser Schrift nimmt Beinert den Buchstaben T und visualisiert unmißverständlich das Symbol des christlichen Glaubens, das Kreuz. Die drei kleinen weiß belassenen Rauten auf diesem Buchstaben sollen auf die Kreuzigung Christi hinweisen. Aus dieser Schrift bastelt er dann den Imperativ treten, der zusammen mit dem T/Kreuz die Seite dominiert. Der Befehlston hinter diesem Wort wird zusätzlich visualisiert dadurch, daß der Präfix »über-« im Wort »übertreten« nicht auf der Achse der übrigen Buchstaben in der Schrift Syntax normal links von dem T/Kreuz steht, sondern ist er nach rechts versetzt.
Feinheiten in der Gestaltung machen den Zynismus von Beinert perfekt. Oben rechts an der Ecke erscheint die Kirche als LTD, d.h. als GmbH, mit eigenem Signet: ein Kreuz in einem Kreis. Die kleinen Zahlen 290 und 291, die senkrecht durch die Mitte des Buchstabens N im Wort »überTRETEN« positioniert sind, sollte man als Anspielung auf die numerierten Gesänge während einer Messe in einer katholischen Kirche auffassen. Oben links erscheint schließlich der Gestalter selbst in Russisch »Atelier Beinert«, so daß man auch die russisch-orthodoxe Kirche nicht aus dem Spiel lassen kann.
Coments
By Dr. Zoi Kotitsa
Behind the design of the page in the design magazine »Ausdruck« is Wolfgang Beinert’s intention to provoke with design and to redefine content. He uses only typography and plays with the viewer’s power of association.
His starting point is the aphorism »His hand tensed up. He had heard of objects that could convert to the Christian faith«. And he visualizes it by means of typography. He reproduces most of the text in small capitals in the font Syntax normal, which was designed by Hans Eduard Meyer in 1968. Beinert perceives this straightforward, clear font as rational, »atheistic« and thus contrasts it with the mystical content of the aphorism.
This contradiction becomes sarcastic through the use of a second font for the part »- treten« from the penultimate word of the aphorism »übertreten«. This Christian-looking font is called Mason Serif normal, was designed around 1992 by Jonathan Barnbrook and named after a mass murderer in the USA. Beinert takes the letter T from this font and unmistakably visualizes the symbol of the Christian faith, the cross. The three small white diamonds on this letter are intended to allude to the crucifixion of Christ. He then uses this lettering to create the imperative kick, which dominates the page together with the T/cross. The commanding tone behind this word is additionally visualized by the fact that the prefix »über-« in the word »übertreten« is not positioned on the axis of the other letters in the font Syntax normally to the left of the T/cross, but is offset to the right.
Subtleties in the design make Beinert’s cynicism perfect. At the top right corner, the church appears as LTD, i.e. a limited liability company, with its own signet: a cross in a circle. The small numbers 290 and 291, which are positioned vertically through the middle of the letter N in the word »überTRETEN«, should be understood as an allusion to the numbered chants during a mass in a Catholic church. Finally, the designer himself appears at the top left in Russian »Atelier Beinert«, so that the Russian Orthodox Church cannot be left out of the picture either.